Ebook Herunterladen Hundert Jahre Einsamkeit

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Hundert Jahre Einsamkeit

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Hundert Jahre Einsamkeit

Produktinformation

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Audible Hörbuch

Spieldauer: 16 Stunden und 49 Minuten

Format: Hörbuch-Download

Version: Ungekürzte Ausgabe

Verlag: HörbucHHamburg HHV GmbH

Audible.de Erscheinungsdatum: 8. Juni 2017

Sprache: Deutsch, Deutsch

ASIN: B0723BTBM8

Amazon Bestseller-Rang:

Nr. 887 in Audible Hörbücher & Originals (Siehe Top 100 in Audible Hörbücher & Originals)

Der am besten zu lesende Klassiker, den ich seit langem in die Finger bekommen habe!

‚In jener Nacht träumte José Arcadio Buendía, dass sich an ebendiesem Ort eine laute Stadt aus Häusern mit Spiegelwänden erhob. Er fragte, was für eine Stadt das sei, und man sagte ihm einen Namen, den er noch nie gehört, der keinerlei Bedeutung hatte, im Traum aber einen übernatürlichen Hall auslöste: Macondo.‘Nach dem Mord an Prudencio Aguilar werden José Arcadio Buendía und seine Frau Úrsula Iguarán immer wieder vom Geist des Toten heimgesucht. Bald ist klar, dass sie Prudencio und seinem traurigen Gesichtsausdruck nur entkommen können, indem sie Riohacha verlassen und ihr Glück an einem anderen Ort suchen. Und so brechen sie zusammen mit Freunden, deren Frauen und Kindern auf, um die Sierra zu durchqueren, und gründen schließlich mitten in den Sümpfen und dem kolumbianischen Urwald das Dorf Macondo.Gabriel García Márquez erzählt in seinem Roman ‚Hundert Jahre Einsamkeit‘, der 1967 in Buenos Aires erstveröffentlicht wurde und 1970 erstmals in Deutsch erschien, von der Gründung des Dorfes Macondo, von sieben Generationen der Familie Buendía und schließlich vom Niedergang Macondos. Dabei berichtet er nicht nur von Alchemie und Prophezeiungen, von Liebe und Liebschaften, von Krieg und Gewalt, von Tod und Sterben, sondern verwebt zudem historische Ereignisse in der Geschichte Kolumbiens/Lateinamerikas wie den Bau der Eisenbahn und den Einfluss der United Fruit Company mit seiner komplexen Geschichte um die Buendías und Macondo.Ich habe ‚Hundert Jahre Einsamkeit‘ vor mehr als zehn Jahren zwei Mal mit großer Begeisterung in der Übersetzung von Curt Meyer-Clason gelesen und habe das Buch seitdem zu meinen Lieblingsromanen gezählt. Nun war ich einerseits neugierig auf die Neuübersetzung von Dagmar Ploetz und auf die Hörbuchfassung, andererseits aber auch darauf, ob mich der Roman noch genauso gefangen nimmt, wie er es vor vielen Jahren getan hat.Um es kurz zu machen: Ja, der Roman hat mich erneut gefangen genommen und übte auch nach all den Jahren noch immer den alten Zauber auf mich aus, sobald ich mit Garcìa Márquez seine Romanwelt betreten habe.Der Hörbuchfassung lässt sich - trotz der teilweise verworrenen Geschichte mit den sich immer wiederholenden Namen - sehr gut folgen, und die Neuübersetzung haucht dem Roman noch mehr Leben ein und beschreibt die Personen, die Orte und die Ereignisse noch pointierter, als es die alte Übersetzung getan hat, die ich im Übrigen auch gelungen fand. In den ersten Hörminuten habe ich parallel die alte Übersetzung gelesen, und die Änderungen sind nicht nur marginal, sondern bisweilen sehr umfassend, machen die Sprache aber etwas weniger antiquiert und noch eleganter. Auch die Lesung von Ulrich Noethen hat mir gut gefallen: Seine Aussprache, die Betonung und die Lesegeschwindigkeit sind gelungen, so dass man der Geschichte auch über mehrere Stunden hinweg gebannt lauschen kann, ohne mit den Gedanken abzuschweifen.Bereits beim Hören des ersten Kapitels war ich wieder in Macondo und habe mich gefühlt, als hätte ich verlorengeglaubte Freunde wiedergesehen. Auch der weitere Verlauf des Romans hat mich begeistert, und ich habe mich gefreut, all die verschrobenen Figuren García Márquez‘ wiederzutreffen, ihren bizarren Geschichten zu folgen, all die magisch-realistischen Details wiederzuentdecken. Dabei ist die Fülle an Protagonisten auch bei meiner dritten Begegnung fast nicht zu bewältigen, zumal sich die Namen der Protagonisten immer und immer wieder wiederholen, so dass die Grenzen zwischen den Personen, zwischen den Zeiten und zwischen den Ereignissen verschwimmen. All dies macht die Lektüre nicht einfach, aber wahrlich magisch und literarisch so einzigartig. Dabei werden magische Ereignisse so nebensächlich von García Márquez erwähnt, dass sie allesamt realistisch und als ein Teil des normalen Erlebens und des Alltags der Menschen wirken.Für Erstleser/-hörer der Geschichte empfehle ich dringend einen Stammbaum der Familie Buendía, den man sich im Internet herunterladen kann und der einem hilft, den vielen Namen, Generationen und Zusammenhängen folgen zu können.Für mich ist ‚Hundert Jahre Einsamkeit‘ ein fulminanter Roman, der so komplex ist, dass man ihn immer wieder hören/lesen möchte, und der auch nach mehrmaliger Lektüre nie langatmig wird oder sich abnutzt, da man jedes Mal die Wiederbegegnung mit den Figuren genießt und zudem stets Neues entdeckt.

Hat mir gut gefallen

An amazing book. A recommended gift. I recommend it

Ich möchte hier ein Buch vorstellen, das uns zu der Erkenntnis verhelfen kann, dass es auch in komplexesten Situationen immer eine Wahlmöglichkeit für uns gibt. Die Erkenntnis, dass alles Menschengemachte nicht alternativlos ist, scheint mir der erste Schritt dahin zu sein, diese Alternative zu ergreifen. Es ist kein neues Buch und es ist auch kein völlig unbekanntes, verstaubt in irgendwelchen Regalen lagerndes Werk. Seit nunmehr über dreißig Jahren wird es weltweit gelesen und ist eines der erfolgreichsten Bücher der Weltliteratur. Sein Autor hat dafür den Nobelpreis für Literatur erhalten und ihm verdankt eine ganze kontinentale Literatur hohe Aufmerksamkeit. Nicht nur in Lateinamerika, daher kommt sein Autor, kennt fast jedes Kind den Titel und er ist schon fast zu einem geflügelten Wort geworden. Allerdings haben geflügelte Worte den Nachteil, dass man sie zwar kennt, aber selten die tieferen Bedeutungen erfasst, weil man sich nur noch oberflächlich mit ihnen beschäftigt. So ist also „Hundert Jahre Einsamkeit“ von Gabriel Garcia Marquez (kurz GGM) ein äußerst bekanntes, aber nicht immer wohlverstandenes Buch und ich möchte den Versuch machen, mein persönliches Verständnis des Werkes darzustellen.GGM wurde am 6.3.1928 in Aracataca/Magdalena, einem kleinen unbedeutenden Dorf an der kolumbianischen Karibikküste geboren und wuchs bei den Großeltern auf. Sein Vater, ein kleiner Telefonist, und seine Mutter, die Tochter aus dem Hause eines verdienten Obersten. Er genoss eine liberale Erziehung, besuchte die Dorfschule und später das Jesuiten-Kolleg in Barranquilla. Als Kind musste er die blutige Niederschlagung eines Streiks der Bananenarbeiter miterleben, was sein Leben prägen sollte. Ab 1940 besuchte er, mit einen Stipendium des Jesuiten-Kolleg ausgestattet, das er wegen seiner guten Leistungen erhalten hatte, die höhere Schule in Zipaquirá, einer Stadt nahe Bogota. Ab 1947 ist er eingeschriebener Jurastudent an der Universität von Bogota... und in der Zeitung, bei der er später selbst arbeiten wird, erscheint seine erste Erzählung; der Herausgeber lobte sich damals schon, einen großen Schriftsteller entdeckt zu haben.Es ist für GGM ein langer Weg, zu dem zu werden, den wir heute kennen... zu einem der größten Schriftsteller der Welt. Bei ihm ist es auch nicht so einfach, Literatur und Journalismus klar zu trennen, denn seiner Meinung nach soll die Literatur ein Abbild einer Wirklichkeit sein; wie eben der Journalismus auch. Von der ersten Erzählung war schon die Rede, viele weitere folgten und alle erschienen im „El Espectador“ (und liegen heute als Sammelband „Die Augen des blauen Hundes“ vor). Sein erster Roman erschien 1955, nach dem ihm ein berühmter spanischer Kritiker empfohlen hatte, sich besser mit etwas anderem zu beschäftigen, und war der Beginn einer einzigartigen Schriftstellerkarriere, in deren Verlauf dann irgendwann der große Wurf kommen sollte – Hundert Jahre Einsamkeit erschien 1967. Und schließlich wird ihm 1982 der Nobelpreis für Literatur verliehen.Vereinfacht könnte man sagen, dass „Hundert Jahre Einsamkeit“ ein Roman über die Geschichte einer Familie namens Buendia ist. Noch vereinfachter, könnte die Beschreibung des Romans lauten: Der Roman beschreibt in Kreisform die Erschaffung einer Welt und ihren Untergang, der von vorn herein angekündigt war. Nicht umsonst beginnt der Roman damit, dass sich ein Mensch vor einem Erschießungskommando sieht und sich an einen Anfang zurück erinnert; ein berühmt gewordener Romananfang. Diese oberflächlichen Beschreibungen stimmen zwar, aber sie sind natürlich nicht sehr tauglich, einen der facettenreichsten Romane der Weltliteratur umfassend und seiner Bedeutung gemäß zu beschreiben.Hier schon wird erkennbar, dass der Roman nicht einfach nur die Geschichte eines Dorfes oder einer Familie über einen Zeitraum von hundert Jahren erzählt, sondern dieser Roman tiefere oder höhere Ebenen enthält. Und wie in der Weltgeschichte auch, fallen alle möglichen Erfindungen der Menschheit in die erste Phase der Romanzeit. Die Erfindungen werden von einer Art Magier namens Melchiades vermittelt und so wird auch in diesem Aspekt die mystische Zeit als solche mit unser aller Vorgeschichte verbunden. Der Roman hat in dieser Hinsicht auch etwas märchenhaftes, so wie ja auch den Legenden der großen Entdeckungen etwas Märchenhaftes anhaftet.Natürlich wird auch die Familiensage, die dieser Roman ja auch enthält und als die der Roman von den meisten Menschen – auch und nicht zuletzt des Titels wegen – vordergründig gelesen wird, in der Nicht-Zeit des Mythos begonnen. Wie in der Vorgeschichte der Menschheit, müssen sich die Menschen, in diesem Falle die ersten Siedler und namentlich José Arcadio Buendia der Urahn der Familie, ihrer Umgebung erst bewusst werden, müssen sich Schutz vor der Natur verschaffen und für den Fortschritt ihrer Kultur sorgen. Dazu gehört es in erster Linie, die gewonnenen Einsichten nicht zu vergessen… man muss den Dingen erst noch Namen geben, um sie vor dem Vergessen zu bewahren. Und der Roman nimmt auch dieselbe Entwicklung wie die Entwicklung der Kulturen: Durch beharrliche Arbeit wird aus einem Mythos mehr und mehr Realität, die letztlich eine Notwendigkeit ist. Der Urahn der Familie Buendia ist auch gleichzeitig der Organisator dieser Realität.Kaum ist diese Realität aus dem Mythos in Form eines paradiesisch anmutenden Dorfes hervor getreten, schon taucht eine dieser Schlangen auf, die notwendigerweise zu jedem Paradies nun mal gehören. Diese Schlange ist die Langeweile aus Zufriedenheit und die Sehnsucht nach den Ursprüngen all der Wunder, wie sie die von Melchiades herbei gebrachten Erfindungen darstellen. Ausgerechnet der Organisator wird von dieser Schlange verführt und er verlässt Macondo immer wieder mit unbestimmtem Ziel, vernachlässigt Dorf und Familie mehr und mehr. Nun beginnt das was der Titel eigentlich verspricht… eine Phase der Einsamkeit für Ursula, der Urahnin und eigentlichen Garantin des Erfolgs der Sippe. Aber auch diese Abenteuer haben natürlich ihre Funktion im Roman… sie stellen das Paradies sozusagen in die reale Welt und logisch ist auch, dass mit den Beschreibungen dieser Entdeckungsreisen, das erste Kapitel des Romans endet und sich der erste Kreis schließt.GGM öffnet aber sofort wieder einen neuen Kreis und das nächste Kapitel beginnt mit einer Rückblende. José Arcadio Buendia erzählt, warum es überhaupt zur Gründung Macondos kam. Wegen einer Beleidigung hatte er Prudencio Aguilar umgebracht. Aber in dieser (Roman-)Welt, in der die Realität durchdrungen ist von unglaublich viel Phantasie und unwahrscheinlichen Wahrscheinlichkeiten, scheint es normal, dass der Getötete dem Täter immer wieder als Geist erscheint und sich der Täter verfolgt vorkommen muss. Damit ist eine weitere Dimension des Romans angelegt, der in der Familie Buendia alles kumuliert was seinem Autor wichtig ist. Ursula hat mittlerweile drei Kinder geboren… ein Sohn, mit demselben Namen wie sein Vater, verkörpert das extrem Ausschweifende, die uferlose Sinnlichkeit, die maßlose Körperlichkeit, die Such nach dem unaufhörlichen Vergnügen, das auch vor einem Inzest nicht halt machen sollte.Unaufhaltsam läuft die Entwicklung aus der Nicht-Zeit des Mythos hinüber in die historische Zeit. Nach dem Ende der Isolation beginnt etwas, das sozusagen die Grundlage aller Geschichte ist: Das Aufschreiben. Protagonist ist Jose Aureliano, der die Faszination für Alchimie und Erfindungen von Vater geerbt hat, findet das Mittel gegen die „Pest der Schlaflosigkeit“, mit dem das Vergessen bezeichnet wird. Man muss nicht nur den Dingen einen Namen geben, man muss diesen Namen und die Funktion der Dinge aufschreiben. So beginnt Geschichtsschreibung. In diesen Kontext gehört unzweifelhaft auch die Ankunft des Landrichters und damit ist Macondo endgültig in der Realität des Historischen angekommen. In dem man sich öffnete, verlor man das Paradies der Naivität und trat in die Zukunft ein. Aureliano verliebt sich in die Tochter des Landrichters und die Verbindung der die Vergangenheit repräsentierenden Buendias und die Zukunft repräsentierende staatliche Autorität, ist die nächste Vervollständigung eines jener im Roman beschriebenen Kreises.Ein neuer Kreis wird sich nun – fast kann man schon sagen: schicksalhaft – eröffnen. Bisher hatte die politische Dimension im Roman so gut wie keine Rolle gespielt; sieht man einmal von der Figur des Landrichters ab. GGM wäre nicht GGM, wenn er in seinem Werk diese Dimension nicht einbringen würde. Aureliano hört von seinem Schwiegervater, dem Landrichter, vom Krieg, den die Liberalen gegen die Konservativen führen wollen und zunächst versteht er nicht, warum man einen Krieg um Dinge (Ideen) führen will, die man nicht mit Händen greifen kann. Dann soll es erstmals Wahlen in Macondo geben und extra zu den Wahlen, lässt der Richter Soldaten anrücken, um die Menschen zu „beeindrucken“… und Aureliano bekommt mit, wie der Richter bei der Auszählung die Stimmzettel fälscht. Letztlich ist es der entscheidende Moment, der ihn auf die Seite der Liberalen bringt. Dann beginnt der Krieg und nach einigem Zögern und einer Gräueltat der Soldaten, bei der er Augenzeuge wird, zieht er in den Krieg. Ab jetzt lässt er sich nur noch mit Oberst ansprechen.Eine neue Zeitrechnung bricht an, als es die erste wirkliche technische Revolution in Macondo einsetzt. Sie wird angezeigt durch das Eintreffen er ersten Lokomotive, des elektrischen Lichtes und des Kinos von Bruno Crespi. Grammophon und Telefon kommen hinzu und Macondo ist urplötzlich in die Moderne versetzt. Damit sind auch die Tage der Beschaulichkeit vorüber und spätestens mit der Ankunft von Mr. Herbert und Mr. Brown, bricht sich auch der imperialistische Kapitalismus in Macondo Bahn. Die beiden Männer repräsentieren die Bananengesellschaft (leicht identifizierbar, ist die us-amerikanische United Fruit Company gemeint) und aus Macondo wird über Nacht eine Boomtown. Das entfesselt den sog. Laubsturm (in einem frühen Buchtitel von GGM thematisiert), der wie in den Goldgräberstädten alle alten Verhältnisse, Konventionen, Sitten, Bräuche und die seither gelebte Kultur hinwegfegt. Die Situation z.B. für die Landarbeiter wird so unerträglich, dass es zu den ersten Streiks kommt… die klar erkennbar nichts als Notwehr sind. Dass es wieder ein Buendia ist, der diesen Kampf anführt, kann schon nicht mehr überraschen.Und diese Stelle markiert auch einen Wendepunkt im Roman. Es werden autobiographische Bezüge erkennbar, Erlebnisse, die der Autor bei den blutigen Auseinandersetzungen in Bogota erleben musste. Diese Intension machen diese Seiten, auf denen wiederum ein verbrieftes historisches Ereignis erzählt wird, unglaublich intensiv. Der Streik endet in einem Massaker an den Streikenden. Aber der Preis für das Blut von dreitausend Arbeitern ist hoch… es bedeutet das Ende der Aktivitäten der Bananengesellschaft. Aber es wird auch nun erst das ganze Ausmaß der Katastrophe offenbar, welche der Plünderungskapitalismus angerichtet hat. Alles in Macondo ist zerrüttet.GGM verlässt die relative Nähe zur historischen Wirklichkeit wieder, indem er das mythologische Moment der Sintflut benutzt, um die letzten Kreise des Romans zu eröffnen. Es kommt nämlich die zweite Pest: Der Regen. Es regnet vier Jahre, elf Monate und zwei Tage und der Regen lässt ein nun endgültig ruiniertes Dorf zurück und auch das Ende der Sippe kündigt sich an. Ursula hat sich vorgenommen, zu sterben wenn der Regen aufgehört hat. Dieses Sterben scheint niemanden zu überraschen und auch niemanden so richtig zu kümmern. Die Zerrüttung Macondos scheint auch auf die Beziehungen innerhalb der Sippe übergegriffen zu haben. Ursula wird einfach als tot erklärt, obwohl sie noch in einem zwei Tage andauernden Gebet so etwas wie ein Vermächtnis formuliert. Dieses gipfelt in einer, die Sippe betreffenden, apokalyptischen Prophezeiung: Wenn die Buendias ihre unmäßige Leidenschaften nicht in den Griff bekommen und sich der latente Inzest durchsetzt, würde ein Kind mit einem Schweineschwänzchen geboren, das von den Ameisen gefressen werden wird… gleichzusetzen mit dem Ende der Buendias.„Hundert Jahre Einsamkeit“ ist mehr als das was seine Handlung augenscheinlich werden lässt. Das Werk vereinigt sowohl geschriebene Geschichte als auch die Imagination des Autors, der obendrein auch noch viel von seiner Biographie verarbeitet. Große Geschichte, in diesem Falle die Historie Kolumbiens, wird mit kleiner Geschichte, mit einer Familiengeschichte vereint, in der die Männer das Außen (Erfindungen, Kriege, Ausschweifungen…) und die Frauen das Innen (Zusammenhalt, Konsolidierung, Überblick) darstellen; was letztlich auch eine Kindheitserfahrung des Autors wiederspiegelt. Die Macht des Instinkts und die Letztgültigkeit der Weisheit, die Realität, aber auch die Träume der Menschheit, die Beharrlichkeit der Taten und das Ungreifbare des Alptraumes – Begriffspaare, die von der Gestaltbarkeit des Schicksals sprechen; auch das ist dieser Roman.Hier hat der Roman seine – meiner Lesart nach – stärkste Wirkung. GGM stellt das Thema Einsamkeit, im Spanischen soledad, dem Thema Gemeinschaftssinn, im Spanischen soledaridad, gegenüber. Aus der Anlage des Romans geht eindeutig die Haltung des Autors hervor, wenn er nämlich die Einsamkeit mit einem zerstörerischen Zeitbegriff zusammen legt und sie durch mangelnde soziale Erneuerung zum unwiderruflichen Verfall der Gesellschaft (beschrieben durch Macondo) führt. Auch die kulturkritische Betrachtung im Zusammenhang mit technischen Neuerungen, besonders wenn sie nicht von der Gesellschaft direkt produziert, sondern von Außen übergestülpt werden und deren Auswirkungen auf die Zivilisation, sind nicht zu überlesen… wobei der Autor sich allerdings einer direkten Bewertung enthält.Mir hat die langjährige Beschäftigung mit diesem Buch, das für mich erheblich viel mehr ist als eben nur ein Stück unterhaltsame Literatur, noch nie auch nur die Spur von Langeweile erzeugt, auch wenn ich dieses Buch in den letzten dreißig Jahren wieder und wieder gelesen habe. GGM zieht unglaublich viele Register seiner Kunst. Die äußerst abwechslungsreich gestalteten und sehr souverän ausgeführten Erzählebenen, die im Laufe der Erzählung virtuos gewechselt werden, die Wechsel von Hochsprache zu Populärsprache, von dramatischer Rede und Plauderton zeugen von unglaublich variabler Sprachgestaltung, der spielerisch anmutende Umgang mit der Anlehnung an Realität und der Hinwendung zum Phantastischen innerhalb der Handlung, das System falscher Fährten und überraschenden Auflösungen macht das Werk zu einem unglaublichen Leseerlebnis.Der ganze Roman ist ein manchmal verwirrendes Spiel. Von den Namenswiederholungen habe ich schon geschrieben, und andeutungsweise auch von unterschiedlichen Erzählerperspektiven, die von verschiedenen Erzählerinstanzen verkörpert werden, die je nach Zielrichtung des Handlungszusammenhangs wechseln. Das macht das Werk zu einem der originellsten Romane der Weltliteratur den ich je gelesen habe. Die Überlappungen von Fiktion und Realität, wobei die Fiktion mit vielen realistischen Ausformungen einhergeht und, umgekehrt, die Realität oft sehr fiktional erzählt wird, erzeugen einen Spannungsbogen, der mich oft atemlos weiterlesen lies. Wie ein Kaleidoskop, das mit jeder Drehung ein anderes Bild zu zeigen in der Lage ist, zog mich dieses Buch immer wieder erneut in seinen Bann.Nicht zuletzt deshalb, weil die Inhalte ein klares Bekenntnis des Autors zu kulturellen und politischen Perspektiven im Sinne einer auf Solidarität und Gerechtigkeit, zur Vernunft und Sinnlichkeit, mithin zur (Mit-)Menschlichkeit, gestaltbaren Zukunft sind, empfinde ich das Werk nicht nur als für sich stehendes Kunstwerk, sondern erlebe, wie GGM mich zu seinem Komplizen machen möchte. Ich fühlte mich wie in einem Strudel in ein Denken hineingezogen, das mich bei aller möglichen in ihm enthaltener Kritik an den Zuständen der Zivilisation, nicht abschreckte, sondern mir einen Lichtstreif an den dunklen Horizont zauberte. Nicht immer sagt ein verliehener Nobelpreis für Literatur viel über ein Buch und seinen Autor… in diesem Falle aber sagte er alles. Heute, am „Welttag des Buches“, möchte ich mit dieser Besprechung der Literatur im Allgemeinen, den lateinamerikanischen Autoren im Besonderen und den politisch engagierten Schriftstellern (viele von ihnen auch heute noch – ob ihres Engagements – verfolgt) im Speziellen, die Würdigung zuteil werden lassen, die sie nach meiner Auffassung verdient haben…

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